Warum wir immer noch ein neues Menschenbild & wahre Kommunikationskompetenz brauchen
Diesen Beitrag hatte ich schon vor über 2 Jahren geschrieben. Damals trieb mich um, dass in vielen Unternehmen notwendige Transformationsprojekte und auch Change Management scheitern. Und zwar maßgeblich an der Kommunikation.
Das heißt konkret, die Gründe zum Scheitern liegen im Inneren und sind damit beeinflussbar. Das ist die gute Nachricht. Leider nutzen nicht genug Führungskräfte und Change Manager diese Erkenntnis zur Verbesserung ihrer Change Management Methoden.
Was passiert aktuell in der Kommunikation in Change Projekten und im Change Management:
- Nicht-Kommunikation von wichtigen Daten und Fakten zur Veränderung, meist um Verhaltensänderungen in der Belegschaft zu unterdrücken und Leistungsträger zu halten
- Schlagwort-Kommunikation mit mehr Schein als Sein, meist um weitere oder kritische Nachfragen zu unterdrücken
- Falsch-Kommunikation, meist um gewollt Ängste zu schüren oder abzulenken auf andere Themen
- Schnellschuss-Kommunikation mit eher spekulativen Informationen zum Change, die später wieder zurückgezogen oder relativiert werden
Aber Mitarbeitende sind nicht blöd. Und reagieren auf diese Kommunikationsprozesse mit unerwünschten Nebenwirkungen:
- Widerstand und Beharrungstendenzen aufgrund gefühlten Misstrauens
- Produktivität wird in eigene „Sicherungsmaßnahmen“ gelenkt
- Eigene Verzerrungen in der MA-Kommunikation als Gegengewicht
- Scheinbare Mitwirkungshaltung und Präsentismus
- Ausgleichshandlungen gegen die gefühlte Ungerechtigkeit
- Solidarisierung über alltägliche Kooperation hinweg
- Negative Kommunikation über Arbeitgeber und Führungskräfte etc.
Daher ist es klug, unsere Change Management Methoden zu ändern. Genauer noch, uns selbst zu ändern, uns mit neuen Kompetenzen verändern und damit wirklich Wandel in unserer Arbeitswelt zu gestalten. So wie es eine Fokusverschiebung vom Taylorismus zu Vernetzung und Kollaboration gibt, brauchen wir auch eine Fokusverschiebung in den Change Management Methoden:
Bisher sind es eher Planungs-, Steuerungs- und Management Methoden wie das 8 Stufenmodell von John P. Kotter, das Phasenmodell von Kurt Lewin oder das von Wilfried Krüger, dazu noch Delegationsmodelle und jede Menge Rollenmodelle und Ansätze für Stakeholder Management. Als eine Quelle zur Strukturierung von Change Prozessen sind Modelle durchaus hilfreich. Es braucht aber eine notwendige Ergänzung und Priorisierung auf noch etwas Anderes.
Change Management Methoden müssen sich wandeln
Wir wissen, das Plan und Theorie das Eine sind und es dann in der Praxis oft anders kommt. Der größte Unsicherheitsfaktor in Change Prozessen ist der Mensch. Und der Mensch ist es auch, der über Erfolg und Misserfolg der Change Projekte und der Transformation entscheidet. Erfolgskritisch sind also diese Kompetenzen bei den Führungskräften und Change Verantwortlichen:
- Denken und Denkmuster verstehen – wann und wodurch bewahren Menschen Gewohnheiten und Arbeitsweisen und wann verändern sie diese
- Wahrnehmen und Wahrnehmungsmuster verstehen – was wird überhaupt wahrgenommen, was ignoriert, welche Filter und Verzerrungen spielen mit
- Fühlen und die emotionalen Muster verstehen – Einflussfaktoren für Stimmungen, Ängste, Beharrungstendenzen und Veränderungsenergien
- Kommunizieren und Kommunikationsmuster – unser Mittel zur Beziehungsgestaltung, ob zur Führungskraft, Kollegen oder wem auch immer
- Verhalten und Verhaltensmuster – wir Menschen agieren nun mal zu über 90% unbewusst, also auf Basis von Mustern – Gewohnheiten
Die erfolgskritische Change Management Methode für unsere Zukunftsgestaltung ist somit eine bewusste Menschenkenntnis und ein situatives Verständnis der menschlichen Energien. Wenn es mir gelingt, zu verstehen, wann Menschen bewahrend agieren, Veränderungen ver- oder sogar behindern, kann ich gemeinsam mit ihnen ihre Veränderungsmotivation für gemeinsame Ziele klären. Gemeinsam neu denken, neue Ziele und klare Verantwortungen zur Gestaltung. Und da Kommunikation unser Hauptmittel zur Beziehungsgestaltung ist, ist die Kommunikationskompetenz zu priorisieren.
Führungskräfte und Change Manager machen immer wieder jetzt und hier mit ihrer Kommunikation etwas kaputt, zerstören Vertrauen. Vieles davon ist sicherlich zurückzuführen auf eigene Muster, Stereotype und Vorurteile. Diese werden in Stress-Situationen, bspw. im gefühlten Zeitdruck automatisch herangezogen, so entlastet sich unser Gehirn quasi selbst. Wenn dann Inhalte, Absichten und Ton der Kommunikation bereits beim Empfänger auf Ablehnung stoßen, leidet die Beziehung.
Die Wahrheit in der Kommunikationskompetenz
Ich fange bewusst ganz oben in der Hierarchie an, denn hier bestimmt sich bereits die Kommunikationskultur: Wenn Unternehmenslenker, Geschäftsführende und das oberste Management noch an alten Mensch- und Weltbildern hängt, dann ist der Wahrheitsgehalt in der eigenen Kommunikation dementsprechend reduziert. Hier ein paar Beispiele und was sie auslösen können:
- Der Starke führt an und weiß, was er tut – Fragen werden ebenso als Schwäche interpretiert wie miteinander diskutieren und Meinungen bilden
- Unklarheit und eigene Wissenslücken werden vertuscht und mit gut klingenden Schlagworten aufgefüllt – ein Gewinn aus dem Zusammenspiel vieler Kompetenzen wird nicht gesehen und gewollt
- Keine Schwäche zeigen oder zulassen – Hinterfragen, Zweifel, Reflektionen aus anderen Perspektiven werden nicht zugelassen, sind unerwünscht
Ich denke, diese Beispiele machen bereits deutlich, welche Mehrwerte und welchen Wahrheitsgehalt diese veraltete Denke verhindert. Denn „die“ Wahrheit kann nur die Summe aller unserer Wahrheiten sein: Wir alle nehmen unsere Umwelt individuell und sehr vorurteilsbehaftet wahr. Ein*e jede*r lebt in ihrer und seiner Parallelwelt. Und das ist nun mal nicht „die wahre Welt“.
In unseren Zeiten der digitalen Kommunikation mit social media wird es noch schlimmer: Besorgte Wissenschaftler*innen wie Sinan Aral machen uns darauf aufmerksam: Falschmeldungen und Unwahrheiten verbreiten sich um ein vielfaches schneller und tiefgreifender, weil sie sehr viel häufiger geteilt werden als Wahrheiten. So habe ein Tweet über einen vermeintlichen Anschlag auf Barack Obama zu dessen Amtszeit beispielsweise die Börse derart verunsichert, dass dieser Tweed in seiner Konsequenz 130 Milliarden Dollar kostete.
Auch in Organisationen hat die zunehmende Kommunikation in social media spürbare Konsequenzen. Die kritische Masse für überraschende und negative Kommunikation wird viel schneller erreicht. Anzweifeln und Hinterfragen ist nicht erwünscht, also wird sie eher weitergegeben und verstärkt.
Ein weiterentwickeltes, wahres Menschenbild
Menschen sind subjektive Wesen. Wahrnehmungen der Welt sind daher zwangsweise divers. Die Diversität in der Wahrnehmung schützt vor dem Phänomen der sozialen Blase, welches Verschwörungstheorien und Unwahrheiten ungefiltert Auftrieb gibt. Wir Menschen werden voraussichtlich nie alles wissen, die Komplexität und Dynamik unsere Welt nur bedingt verstehen.
Daher tun wir gut daran, unser reduziertes Wissen und unsere begrenzten Erkenntnisse miteinander zu teilen. Perspektiven auszutauschen, gemeinsam zu hinterfragen und neue Erkenntnisse zu gewinnen. Ein fortschrittliches Menschenbild auf Basis wissenschaftlich, neuer Erkenntnisse ist daher eine viel erfolgreichere Change Management Methode als viele Modelle zusammen.
Unternehmenslenker und Führungskräfte gewinnen Erkenntnisse und best practice von Change Prozessen, wenn sie
- Den Menschen mit seinen menschlichen Energien sehen: wahrnehmen, denken, fühlen und natürlich kommunizieren und handeln in unseren Beziehungen. Der Mensch nicht als homo sapiens sondern als homo energeticus.
- Der Flut an Unwahrheiten in der Welt können wir unsere Neugier und unseren Erkundungstrieb entgegensetzen: glaube nichts ohne guten Grund. Fragen, zuhören, zweifeln und staunen ist erlaubt und erwünscht. ein konstruktives Kritikvermögen und ein starkes Reflexionsvermögen ausdrücklich gewollt.
- Alle Kompetenzen nutzen, indem Mitarbeitende mitgestalten. Es braucht dafür einen klaren, sinnhaften Rahmen für Change und einen Fokus auf Lösungs- statt auf Problemorientierung.
- Auf Wahrheit baut Gerechtigkeit und daraus wiederum kann Freiheit entstehen. Handlungsfreiheit ist das Fundament für Kreativität, Innovation, Wertschöpfung. Der Mensch ist ein energievolles Wesen.
Es braucht Mut für die Wahrheit aber auch für die Veränderung des eigenen Menschenbildes. Es braucht noch mehr Kompetenzen um die Kommunikationskompetenzen und auch Denk- und Gestaltungskompetenzen zu fördern. Wir sollten lernen, mit Profilneurotikern, Vielrednern und Idealisten ebenso konstruktiv Lösungen zu gestalten wie mit Stillen, Querdenkern und Schnellstartern. Aber es lohnt sich.
Hast Du jetzt noch weitere Fragen? Dann schreib mir gerne eine Nachricht und Ich helfe Dir gerne!
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